Beim ersten Themencafé Im Volkshaus, das am 27. Februar 2020 stattfand, erzählten Tungendorfer von ihren Erinnerungen an die Kindheit. Im Folgenden einige Beispiele:
Henning Möbius
Als Kind einer Großfamilie schmiss ich in den fünfziger Jahren meinen Ranzen nach der Schule in die Ecke, um so schnell wie möglich ins Dorf zu kommen. Dort konnte ich mich sattessen. Natürlich musste ich dafür auf dem Hof arbeiten. So musste ich Rüben hacken, den Kuhstall ausmisten und die Arbeitspferde nach getaner Arbeit auf die Weide bringen. Meist war ich danach so müde, dass ich mich auf dem Heuboden schlafen legte. Die Eltern waren natürlich in Sorge, wo bleibt denn nur der Junge? Er muss doch noch Schularbeiten machen und am nächsten Tag wieder zur Schule! Irgendwann kam ich ausgeschlafen wieder nach Hause …
Als Kinder spielten wir oft am Bahndamm – an der Strecke, die nach Rendsburg führt. Die Dampfloks verloren vielfach Glut aus dem Heizkessel. Wir fanden es toll, die Glut am trockenen Bahndamm für eine Feuerstrecke zu nutzen. Wir steuerten das Feuer in den angrenzenden Knick, der dann auch lichterloh brannte. Einmal aber konnten wir das Feuer nicht mehr bändigen und mussten einen Jungen zum nächsten Feuermelder an der Straßenecke losschicken, um die Feuerwehr zu alarmieren. Wir schlichen uns nach Hause, ohne dass unsere Eltern davon etwas mitbekamen.
Auf der Kieler Chaussee waren damals mehr Fußgänger unterwegs, als Autos fuhren. Wir Kinder überlegten uns gelegentlich kleine Scherze. Wir legten z. B. ein Portemonnaie mit einer langen Schnur auf die Straße und legten uns auf die Lauer. Wenn dann der nächste Fußgänger sich nach der Geldbörse bückte, zogen wir diese schnell weg. Wir waren ja in Deckung und konnten den Fluch des genarrten Passanten vernehmen.
Wir Kinder bekamen morgens alle unser Frühstücksbrot mit zur Schule. Wir hatten das nicht so reichlich und mein Brot war meist schon recht trocken. Auf dem Nachhauseweg ging ich mal mit meinem Schulkameraden durch den Hagedornbusch. Dieser hatte sein Pausenbrot nicht aufgegessen, und damit seine Mutter das nicht merkt, warf er es einfach über eine Hecke in einen Vorgarten. Das konnte ich nicht verstehen. Nachdem wir uns voneinander getrennt hatten, lief ich wieder zurück und holte mir das Brotpäckchen aus dem Vorgarten. An der nächsten Straßenecke verspeiste ich genüsslich das leckere gut belegte Frühstücksbrot.
Karl Heinz Schlemmer
In der „knappen Zeit“ damals wurde ich als Kind zur Kiosk-Bude im Hürsland geschickt, um 1/8 Pfund gemahlenen Kaffee und zehn Zigaretten zu holen. Die Zigaretten bekam ich als Erstes, dann machte sich der Verkäufer ans Kaffeemahlen. Die Schachtel Zigaretten steckte ich schon mal ein und wartete auf den Kaffee. Der Verkäufer nannte mir aber nur den Preis für den Kaffee, den ich schnell bezahlte. Zu Hause habe ich davon nichts erzählt, denn so hatte ich für die nächsten Tage Taschengeld für ein paar Naschsachen.
Ich hatte als Unternehmer auch im Gefängnis einen Auftrag abzuarbeiten und durfte damit ja auch in die Gebäude. Aber nur in ganz bestimmte Bereiche. Neugierig, wie ich nun einmal bin, strömerte ich auch in die Höfe. Mit einmal stand ich hinter verschlossenen Toren im Freigängerhof und die Knastis gingen mit mir den Rundgang ab, bis der Wärter erkannte, dass ich nicht dazugehörte. Das hat Ärger gegeben und ich bekam einen schriftlichen Verweis.
Christel Schlüter
Uns wurde ein Junglehrer nach dem Krieg Wohnung zugewiesen, der natürlich in unser Familienleben aufgenommen wurde. Man wohnte ja eng beieinander in einer Wohnung. Eines guten Tages fragte der Junggeselle meine Mutter, ob sie nicht ein nettes Mädchen für ihn wüsste, er braucht eine Frau. Meine Mutter kannte ja Gott und die Welt und schaffte es, die Tochter vom Tungendorfer Schlachter mit dem Lehrer zu verkuppeln. Noch heute lebt die Anvertraute, ihr Mann ist leider schon verstorben, in Tungendorf.
Wir als Mädchen hatten nach dem Krieg eine schöne Jugend und konnten uns an viele Freizeitaktivitäten erfreuen. Im Verein gingen wir regelmäßig zum Geräteturnen, einmal wöchentlich zum Volkstanz, und das schönste waren die jährlichen Vogelschießen sowie die tollen Umzüge durch die Tungendorfer Straßen. Dafür wurden die Straßen von den Anliegern geschmückt, über die Kieler Straße wurde eine Girlande gespannt, und wir Kinder hatten einen Blumenbügel und festliche Kleidung.
Mein Opa war Hausmeister an der Rudolf-Tonner-Schule und ich hielt mich viel bei ihm auf. Und ich kannte natürlich auch alle Lehrer. Lehrer Kock hatte den Schulgarten unter sich und pflegte diesen penibel. Die Wege wurden regelmäßig geharkt und zuletzt mit dem Harkenrücken abgezogen. Das machte er deshalb, weil er so beobachten konnte, ob seine Igelfamilie wieder ausgegangen war. Er konnte auf dem abgezogenen Platz nämlich die kleinen Fußspuren erkennen.
In allen Familien war nach dem Krieg das Geld knapp und so wurde zum Ende der Woche beim Lebensmittelhöker angeschrieben. Wenn dann der Vater mit der Lohntüte nach Hause kam, hatte Mutter schon eine Einkaufsliste fertig geschrieben und schickte mich als Kind mit der Liste und dem Geld zum Laden. Diese Pflicht erfüllte ich gern, denn am Ende wurde mir immer eine kleine Dreieckstüte mit Goldbonbons gereicht. Die Bonscher hütete ich die ganze Woche, sie mussten ja bis zum nächsten Wochenende reichen.
Wir als Mädchen hatten nach dem Krieg eine schöne Jugend und konnten uns an vielen Freizeitaktivitäten erfreuen. Im Verein gingen wir regelmäßig zum Geräteturnen, einmal wöchentlich zum Volkstanz. Das Schönste waren die jährlichen Vogelschießen und die tollen Umzüge durch die Tungendorfer Straßen. Dafür wurden die Straßen von den Anliegern geschmückt, über die Kieler Straße wurde eine Girlande gespannt, und wir Kinder hatten einen Blumenbügel und waren festlich gekleidet.
Elke
Labinski
Ich bin ja als Kind in
Tungendorf-Dorf groß geworden. Und da gab es noch die Dorfschule mit dem
Reetdach. Schade, dass dieses schmucke Haus weggerissen wurde. Später wohnten
wir an der Kieler Chaussee. Streiche haben wir natürlich auch gespielt. So
legten wir an der Ecke Stoverweg eine Trillerpfeife an ein langes Band auf die
Straße und wollten, wenn jemand die Pfeife aufheben wollte, diese wegziehen.
Als es soweit war, zogen wir daran, aber der Pfinder auch, und so war uns der
Spaß nicht gelungen.